
19. Dezember 2025Newsletter
Teilrevision des Kartellgesetzes
Das Schweizer Parlament hat sich in der heutigen Schlussabstimmung für die Teilrevision des Kartellgesetzes ausgesprochen. Die wichtigsten Neuerungen der Teilrevision sind:
Das teilrevidierte Kartellgesetz tritt frühestens per 1. Januar 2027 in Kraft, da verschiedene Verordnungen angepasst werden müssen. 1) Neuerungen zu Art. 5 KG - Wettbewerbsabreden Stark umstritten war die Frage der Prüfung der Erheblichkeit bei den sog. Vermutungstatbeständen von Art. 5 Abs. 3 und 4 KG. Unter dem teilrevidierten Kartellgesetz muss die Wettbewerbsbehörde neu auch bei den Vermutungstatbeständen die Erheblichkeit einer Wettbewerbsbeeinträchtigung einzelfallweise prüfen. Das bedeutet, dass sie sowohl die qualitativen Elemente (Erfahrungswerte) als auch die quantitativen Elemente (konkrete Umstände auf dem relevanten Markt) berücksichtigen muss. Damit wird die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichts i.S. Gaba aufgehoben und die Einzelfallbetrachtung gestärkt. Weiter wird der bisher sehr weit ausgelegte Begriff der direkt sanktionierbaren horizontalen Preisabrede enger gefasst (neuer Art. 5 Abs. 3 lit. a KG). Darunter fallen zukünftig nur noch Abreden über direkte oder indirekte Mindest-, Fest- oder nachfrageseitige Höchstpreise. Entscheidend für die Beurteilung ist jeweils, ob der Endpreis festgelegt wird. Besteht Rabattwettbewerb, sind Bruttopreisabreden folglich nicht mehr direkt sanktionierbar. Neu wird explizit festgehalten, dass Arbeitsgemeinschaften (ARGE) keine Wettbewerbsabreden darstellen, solange sie wirksamen Wettbewerb ermöglichen oder stärken. ➡️ Die Änderungen bei Art. 5 KG sind zu begrüssen, da damit der Fokus auf effektiv schädliche Abreden gelegt wird. Die Gesetzesanpassung darf aber nicht als Freipassmissverstanden werden. Das Kartellgesetz bleibt streng; Preis-, Mengen-, Gebiets- und Marktaufteilungsabreden sollten vermieden werden. Bei Unsicherheiten ist eine sorgfältige Analyse nötig. 2) Neuerungen zu Art. 7 KG – Missbrauch von Marktbeherrschung/ relativer Marktmacht Bei einem Missbrauchsvorwurf gegenüber einem marktbeherrschenden oder relativ marktmächtigen Unternehmen muss die Missbräuchlichkeit im Einzelfall geprüft werden. Dabei erfolgt eine Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten und den konkreten Marktumständen. ➡️ Der Gesetzgeber bestätigt mit dieser Gesetzesanpassung die Richtungsänderung des Bundesgerichts im Fall Vifor Pharma/HCI Solutions. Entsprechend gilt ein “effects-based approach“, wobei im Einzelfall geprüft werden muss, ob eine Verhaltensweise tatsächlich geeignet ist, nachteilige Wettbewerbseffekte zu erzeugen. 3) Fusionskontrolle: Einführung des SIEC-Tests Bisher konnte die Wettbewerbsbehörde einen Zusammenschluss nur verbieten oder mit Bedingungen und Auflagen versehen, wenn (i) eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wurde, (ii) durch welche der wirksame Wettbewerb beseitigt werden konnte. Das Kriterium der Wettbewerbsbeseitigung stellte eine hohe Hürde für eine Untersagung dar. Mit Einführung des SIEC-Tests kann ein Zusammenschluss neu bereits dann untersagt bzw. mit Auflagen belastet werden, wenn er den wirksamen Wettbewerb signifikant behindert. Dies bedeutet, dass künftig weder eine marktbeherrschende Stellung noch die Gefahr einer Wettbewerbsbeseitigung nachgewiesen werden muss. Zudem kann die WEKO die Prüfungsfristen mit Zustimmung der Parteien bei Phase-1-Prüfungen um einen Monat und bei Phase-2-Prüfungen um zwei Monate verlängern. ➡️ Für Unternehmen gilt es zu berücksichtigen, dass Zusammenschlüsse künftig einer strengeren Prüfung unterliegen. Heikle Übernahmen sollten vor 2027 angemeldet werden. 4) Angestrebte Stärkung des Kartellzivilrechts Eines der erklärten Ziele der Teilrevision war die Stärkung des Kartellzivilrechts. Neu sind neben betroffenen Unternehmen auch Endkonsumenten und die öffentliche Hand aktivlegitimiert. Weiter steht die Verjährung ab Eröffnung einer WEKO-Untersuchung bis zum rechtskräftigen Entscheid still. ➡️ Auch mit diesen Änderungen ist nicht von einer starken Zunahme kartellzivilrechtlicher Verfahren auszugehen. Aus Unternehmenssicht können diese Änderungen jedoch relevant sein, bspw. bei der Frage einer allfälligen Einreichung einer Selbstanzeige. |

