
7. September 2023Newsletter
Newsletter 9/2023: Das Auskunftsrecht der Arbeitnehmenden unter dem neuen Datenschutzgesetz
Arbeitgebende sehen sich oft mit datenschutzrechtlichen Auskunftsgesuchen von (ehemaligen) Arbeitnehmenden konfrontiert. Dieser Newsletter beleuchtet in kurzer Form, wie solche Auskunftsgesuche unter dem am 1. September 2023 in Kraft getretenen Datenschutzgesetz («DSG») zu behandeln sind.
A) Auskunftsrecht der ArbeitnehmendenDas Datenschutzgesetz bezweckt den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte derjenigen Personen, deren Daten bearbeitet werden. Damit (ehemalige) Arbeitnehmende die Rechtmässigkeit der Bearbeitung ihrer Daten überprüfen und allenfalls eine Berichtigung oder Löschung der Daten verlangen können, gibt das Datenschutzgesetz ihnen einen Auskunftsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin bezüglich die bearbeiteten Personendaten. Das Auskunftsrecht bezweckt somit nur, dass (ehemalige) Arbeitnehmende diejenigen Informationen erhalten, die sie benötigen, um ihre Datenschutzrechte durchzusetzen. Das Auskunftsgesuch muss nicht begründet oder mit einem Interessennachweis versehen werden. Die Arbeitgeberin kann die Auskunft jedoch verweigern, wenn das Auskunftsgesuch rechtsmissbräuchlich gestellt wird (vgl. dazu unten). Die Auskunft ist schriftlich oder in der Form, in der die Daten vorliegen, zu erteilen. Sind sowohl Arbeitgeberin als auch Arbeitnehmer einverstanden, kann die Auskunft auch mündlich erteilt werden oder die (ehemaligen) Arbeitnehmenden können ihre Daten vor Ort einsehen. Die Arbeitgeberin muss die Auskunft innert 30 Tagen erteilen. Die Auskunft ist grundsätzlich kostenlos zu erteilen. Nur wenn die Auskunftserteilung mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden ist, kann von der gesuchstellenden Person eine angemessene Kostenbeteiligung von maximal CHF 300 verlangt werden. Eine Vollständigkeitserklärung muss und sollte die Arbeitgeberin nicht abgeben (vgl. dazu auch unten).
B) Inhalt des AuskunftsrechtsNach Art. 25 DSG haben (ehemalige) Arbeitnehmende das Recht, von der Arbeitgeberin Auskunft darüber zu verlangen, ob Personendaten über sie bearbeitet werden und die entsprechenden Personendaten herauszuverlangen. Dieses Recht bezieht sich grundsätzlich auf sämtliche physischen oder elektronischen Daten, welche sich auf die arbeitnehmende Person beziehen und nicht nur auf das Personaldossier, welches in der Personalabteilung aufbewahrt wird. Verlangen (ehemalige) Arbeitnehmende die Herausgabe des Personaldossiers ist davon auszugehen, dass damit alles gemeint ist, was über sie aufgezeichnet wurde, unabhängig vom Speicher- oder Aufbewahrungsort. Ausgenommen vom Auskunftsanspruch sind jedoch etwa persönliche Notizen eines Vorgesetzten, sofern sie nicht mit anderen geteilt werden (etwa Gedächtnisstützen für Mitarbeitergespräche). Nicht abschliessend geklärt ist, ob dies auch für die E-Mail-Korrespondenz über einen Arbeitnehmenden zwischen Vorgesetzen gilt. Unseres Erachtens wäre diese wohl erfasst, wobei die Arbeitgeberin sich unter Umständen auf überwiegendes Eigeninteresse berufen könnte (vgl. unten). Auch bei Untersuchungsberichten ist das Einsichtsrecht der (ehemaligen) Arbeitnehmenden eingeschränkt. So kann der Bericht bis zum Abschluss der Untersuchung unter Verschluss gehalten werden. Nach Abschluss gebietet es der Schutz der Persönlichkeitsrechte der übrigen Mitarbeiter, dass – soweit überhaupt Einsicht gewährt wird – nur die die gesuchstellende Person betreffenden Passagen offengelegt werden oder der Bericht mit geschwärzten Passagen ausgehändigt wird. Alternativ können der gesuchstellenden Person auch nur die im Bericht enthaltenen Aussagen in einem separaten Dokument mitgeteilt werden. Das Gesetz gibt Arbeitnehmenden lediglich einen Anspruch auf Herausgabe der über sie bearbeiteten Personendaten als solche. Damit ist klargestellt, dass nicht sämtliche Unterlagen (z.B. E-Mails, Verträge, [Untersuchungs-] Berichte) herausverlangt werden können, sondern nur die Personendaten als solche (z.B. die in den E-Mails und Berichten enthaltenen Aussagen über die gesuchstellenden Arbeitnehmenden).
C) Einschränkung des AuskunftsrechtsEine Einschränkung des Auskunftsrechts ist nach Art. 26 DSG grundsätzlich aus vier Gründen möglich: (a) bei offensichtlich unbegründeten Gesuchen, (b) gestützt auf ein formelles Gesetz, (c) bei überwiegenden Drittinteressen oder (d) bei überwiegenden Eigeninteressen des Datenverantwortlichen. Soweit das Auskunftsrecht eingeschränkt, verweigert oder aufgeschoben wird, muss die Arbeitgeberin dies gegenüber der gesuchstellenden Person entsprechend offenlegen und begründen. Die Arbeitgeberin hat das mildeste Mittel zu wählen, d.h. die Auskunft soll nur so weit beschränkt werden, als dies unerlässlich ist. Sofern überwiegende Interessen Dritter oder der Arbeitgeberin auf dem Spiel stehen, müssen diese sorgfältig gegen die Interessen der gesuchstellenden Arbeitnehmenden abgewogen werden. a) Einschränkung des Auskunftsrechts bei offensichtlich unbegründetem Gesuch Die Auskunft kann verweigert werden, wenn das Auskunftsgesuch offensichtlich unbegründet ist, namentlich wenn es einen datenschutzzweckwidrigen Zweck verfolgt, oder offensichtlich querulatorisch ist. Stellen (ehemalige) Arbeitnehmende das Auskunftsgesuch lediglich zum Zwecke der Beweismittelbeschaffung für einen allfälligen Zivilprozess, kann die Arbeitgeberin die Auskunft verweigern, da mit dem Gesuch ein datenschutzwidriger Zweck verfolgt wird. Allerdings ist es so, dass die Arbeitgeberin selten Gewissheit über allfällige datenschutzzweckwidrige Motive der (ehemaligen) Arbeitnehmenden haben wird. Das Bundesgericht ist in dieser Frage streng und hat in seiner bisherigen Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Qualifikation eines Auskunftsgesuch als rechtsmissbräuchlich gestellt. Sofern (ehemalige) Arbeitnehmende ihr Auskunftsbegehren im Anschluss an eine Arbeitgeberkündigung und möglicherweise noch im Zusammenhang mit einer konkreten Forderung stellen (z.B. im selben Schreiben wie die Erhebung einer Bonusforderung oder die Geltendmachung der Missbräuchlichkeit der Kündigung), oder wenn das Auskunftsgesuch sehr umfangreich gestellt wird (z.B. sämtliche Unterlagen, Notizen, E-Mails etc. betreffend den Arbeitnehmenden), kann der Verdacht auf ein datenschutzzweckwidriges Auskunftsbegehren bestehen. Für die Arbeitgeberin kann es in solchen Fällen je nach Umständen ratsam sein, bei der gesuchstellenden Person zurückzufragen, welches datenschutzrechtliche Interesse sie geltend macht oder die Auskunft mit dem Hinweis auf die Datenschutzzweckwidrigkeit des Auskunftsbegehren zu verweigern. Das konkrete Vorgehen im Einzelfall ist jeweils sorgfältig zu prüfen. b) Einschränkung des Auskunftsrechts basierend auf einem Gesetz im formellen Sinn Soweit ein formelles Gesetz vorsieht, dass keine Auskunft zu erteilen ist, kann die Auskunft ebenfalls verweigert, eingeschränkt oder aufgeschoben werden. Dies gilt etwa, wenn mit der Verweigerung der Auskunft ein Berufsgeheimnis geschützt wird. Im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis dürfte diese Einschränkung nur in speziellen Fällen Anwendung finden; so bspw. bei einem Arbeitsverhältnis mit einer Bank, wenn im Personaldossier auch Kundeninformationen enthalten wären. In einem solchen Fall kämen entweder die Entfernung der entsprechenden Dokumente (unter entsprechendem Hinweis an die gesuchstellende Person) oder als mildere Massnahme die Schwärzung der entsprechenden Daten in Betracht. c) Einschränkungen des Auskunftsrechts bei überwiegenden Drittinteressen Das Auskunftsrechts von (ehemaligen) Arbeitnehmenden kann auch bei überwiegenden Drittinteressen (bspw. von anderen Arbeitnehmenden) eingeschränkt werden. Dies ist etwa der Fall, wenn der gesuchstellende Arbeitnehmende im Rahmen der Auskunft auch Informationen zu Drittpersonen erhält (z.B. Zeugenaussagen in einem Untersuchungsbericht) und deren Interessen dadurch beeinträchtigt werden können. Beim Entscheid über die Einschränkung des Auskunftsrechts wegen überwiegenden Drittinteressen sind die Interessen des gesuchstellenden Arbeitnehmenden gegen die Interessen der Dritten (bspw. von anderen Arbeitnehmenden) abzuwägen. d) Einschränkungen des Auskunftsrechts bei überwiegenden Eigeninteressen Schliesslich kann das Auskunftsrecht von (ehemaligen) Arbeitnehmern auch bei überwiegenden Eigeninteressen der Arbeitgeberin eingeschränkt werden. Als überwiegende Eigeninteressen der Arbeitgeberin gelten etwa Geschäftsgeheimnisse, Angaben zur internen Meinungsbildung, übermässiger Aufwand. Die Berufung auf überwiegende Eigeninteressen ist nur möglich, wenn die Daten nicht mit Dritten geteilt werden. Nicht als Dritte gelten andere Konzerngesellschaften. Gestützt auf die bisherige Praxis gelten auch Auftragsbearbeiter oder gemeinsame Verantwortliche nicht als Dritte. Werden aber die entsprechenden Daten regelmässig mit Dritten, wie etwa eine Aufsichtsbehörde (bspw. Finma), eine Genehmigungsbehörde oder sonstige Behörden, geteilt, kann die Arbeitgeberin das Auskunftsrecht nicht mit Berufung auf überwiegende Eigeninteressen einschränken.
D) StrafbestimmungenErteilt die Arbeitgeberin (ehemaligen) Arbeitnehmenden vorsätzlich eine falsche Auskunft, kann sie auf Antrag bestraft werden. Strafbar macht sich die Arbeitgeberin auch, wenn sie eine unvollständige Auskunft erteilt und dabei den Eindruck erweckt, die Auskunft sei vollständig. Schon allein aus diesem Grund sollte eine Arbeitgeberin keine Vollständigkeitserklärung abgeben. Die Busse beträgt in beiden Fällen bis zu CHF 250’000, wobei die für die Verletzung verantwortliche Person sanktioniert wird. Bei juristischen Personen stehen die Leitungspersonen und nicht die intern ausführenden Arbeitnehmenden in der Verantwortung. Kommt die Arbeitgeberin dem Auskunftsgesuch gar nicht nach, bleibt sie straflos. Die gesuchstellende Person kann ihr Auskunftsanspruch in solchen Fällen jedoch gerichtlich durchsetzen.
E) Überblick über die gesetzlichen Anpassungen beim Auskunftsrecht unter dem neuen DSG
F) Fazit und EmpfehlungenArbeitnehmende haben auch unter dem neuen Datenschutzgesetz ein umfassendes Auskunftsrecht. Dieses Recht soll Arbeitnehmenden die Möglichkeit geben, die datenschutzrechtskonforme Bearbeitung ihrer Personendaten zu prüfen. Verfolgen Arbeitnehmende mit einem Auskunftsgesuch datenschutzzweckwidrige Zwecke, kann die Auskunft verweigert werden. Auch aus anderen Gründen kann das Auskunftsrecht eingeschränkt werden. Wir raten Arbeitgebenden daher, das konkrete Vorgehen bei jedem Auskunftsgesuch sorgfältig zu prüfen. |