13. Dezember 2019Deals & Cases

Bundesgerichts-Entscheid zur Swissair-Klage

<p>Der Entscheid ist zu begrüssen, denn er bedeutet Anerkennung des Konzerninteresses, mehr Rechtssicherheit für gruppeninterne Finanzierungen und einen indirekten Beitrag für das Unternehmertum.</p>

Das Debakel der Swissair-Gruppe hat zu einer Fülle von Rechtsstreitigkeiten geführt, insbesondere im Bereich der paulianischen Anfechtungsklagen. Erst kürzlich hat das Bundesgericht im Bereich der Konzernhaftung ein wichtiges Urteil gefällt (4A-268/2018). Während der Konzern das Modell der vorherrschenden Struktur der Geschäftstätigkeit des Unternehmens ist, wurden seine Besonderheiten bisher in der Rechtsprechung kaum berücksichtigt.

In seinem berühmten Swisscargo-Urteil hat das Bundesgericht die Haftung der Wirtschaftsprüfer anerkannt, die der Ausschüttung einer Dividende zugestimmt hatten, indem sie die Existenz eines konzerninternen Darlehens ohne Sicherheiten aus dem Cash-Pooling ignorierten. Diese Entscheidung ließ viele Fragen unklar erscheinen.

Im Anschluss an dieses Urteil musste es über die Haftung von VR und GL entscheiden, die ein ungesichertes Darlehen der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft gewährt hatten. In Bekräftigung der inzwischen etablierten Rechtsprechung weist das Bundesgericht zunächst darauf hin, dass die Sorgfaltspflicht, der die Organe unterliegen, mit der Risikobereitschaft nicht unvereinbar ist: Der Richter muss Zurückhaltung üben, wenn die Managemententscheidung ohne Interessenkonflikte und auf der Grundlage ausreichender Informationen getroffen wurde (Grundsatz der Business Judgment Rule). Vor allem aber ist das Gericht der Ansicht, dass das in diesem Fall eingerichtete Cash-Pooling des Konzerns und damit der Weiterbestand der SAir Group, auch im Interesse der Tochter, also die Swissair, war, weil sie sonst ihren Betrieb nicht hätte weiterführen können. Somit wurde eine Verletzung ihrer diesbezüglichen Pflichten durch die Organe ausgeschlossen

Diese Entwicklung in der Rechtsprechung, die erstmals das Interesse an der Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einem Konzern anerkennt, ist zu begrüßen: Das Urteil fördert die Rechtssicherheit des Cash-Poolings und ganz allgemein der konzerninternen Finanzierung.

Dies mag emotional schwer nachvollziehbar sein, aber Moralismus und Schadenfreude sollten nicht die Orientierungspunkte mit unserem Umgang mit dem Scheitern sein. Und in dieser Hinsicht leistet das Urteil einen zwar indirekten aber willkommenen Beitrag dazu, dass Unternehmertum in der Schweiz nicht immer mehr Steine in den Weg gelegt werden.

Kellerhals Carrard

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